CAMBRIDGE ANALYTICAS GROSSER HACK: This is your wake-up call!

Am 24. Juli hat Netflix eine beeindruckende Dokumentation über den Facebook- / Cambridge-Analytica-Skandal veröffentlicht. Eine Dokumentation, die aufzeigen möchte, wie Trump US-Präsident wurde und ein harter Brexit immer realistischer werden konnte. Denn der 24. Juli ist bezeichnenderweise der Tag, an dem Boris Johnson Premierminister von Großbritannien wurde. Und zufälliger Weise ist es der gleiche Tag, an dem Robert Mueller vor dem US Kongress zur Facebook-Russland-Affäre im US-Wahlkampf 2016 aussagte.

Eine Dokumentation, die unsere Sinne im Social Web schärfen muss: your wake-up call

Die Behauptung, um die sich alles dreht: Durch die Erstellung von Hate-Content und Fake-News, durch gezieltes Social Media Campaigning und der Entwicklung von Profiling unter Zuhilfenahme von illegal erworbenen Daten sind unentschlossene US-Wähler 2016 in den „Swing-States“ zu Trump-Wählern geworden.

Ob diese Beeinflussung die finale Entscheidung im US-Wahlkampf gebracht hat oder nicht, ist nicht belegbar. Aber das ist weder für den Netflix-Film, noch für die Realität der Knackpunkt. 

Offizieller Trailer „The Great Hack“

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Es geht darum, wie eine sorglose Kommunikation in Facebook, zum Beispiel durch die Eingabe des eigenen Beziehungs-Status, das Liken einer Seite oder die Teilnahme an einer Gruppe, gesammelt und anschließend zielgerichtet nach allen Künsten der „Information Warfare“ eingesetzt werden konnte und kann.

Mehr Insider-Wissen zur Angelegenheit geht nicht

Die Hauptakteure, die den Skandal aufgedeckt haben, indem sie in die Öffentlichkeit getreten sind und Details geleakt haben, sind folglich die Protagonisten der Doku: Brittany Kaiser, die bei Cambridge Analytica angestellt war und die die Trump-Kampagne und die Brexit-Kampagne Leave.eu gesteuert hat, zuvor aber paradoxer Weise für Amnesty International und Obama Kampagnen angeführt hat. Weitere Hauptakteure sind die britische Investigativreporterin Carole Cadwalladr, die maßgeblich an der Enthüllung beteiligt war, sowie der amerikanische Design-Professor David Carroll, der Facebook vergeblich auf die Herausgabe seiner persönlichen Daten verklagt hat.

Die Verstrickung von Politik, Geld und Daten

„The Great Hack“ belegt eindrucksvoll, wie mit politischer Macht, dem Wissen um den Umgang mit Daten und sehr viel Geld Einfluss auf unsere Lebenswelt genommen wurde (während der Trump-Kampagne gab Cambridge Analytica täglich 1 Million Dollar auf Facebook aus). Mit diesem Datenskandal hat eine Zäsur in internationalen Wahlkämpfen stattgefunden.

Daten haben Öl als wertvollsten Wirtschafts-Faktor oder Betriebsmittel abgelöst

Mit Big Data werden im Web Milliarden umgesetzt. In der Dokumentation wird plausibel dargestellt, was die Konsequenzen sind, wenn Menschen ihre Persönlichkeit – teils unbewusst – preisgeben oder zur Schau stellen und die großen Tech-Unternehmen die daraus entstehenden Daten verknüpfen und verkaufen. 

Und genau das verspricht Facebook ja auch uns Werbetreibenden:

Eine exakte Zielgruppe erhält via Micro-Targeting die für sie relevanten Werbeanzeigen. Relevanz = Zufriedenheit = Conversion

Nur fokussieren die Werber legal ihre Zielgruppen, während Cambridge Analytica von dem Data-Scientist Aleksandr Kogan einen Facebook-Datensatz erworben hatte, aus dem sich Angaben zu rund 87 Millionen Nutzerinnen und Nutzern auslesen ließen. Mittels Facebook-Quizzen wurden Daten nicht nur der Teilnehmer ermittelt, sondern dadurch auch eine illegale Brücke zu allen befreundeten Accounts geschlagen und deren Daten mit ausgewertet.

23. Juli: Facebook einigt sich auf eine Strafzahlung von fünf Milliarden US-Dollar

Die amerikanische Federal Trade Commission (FTC) hat sich nun mit Facebook auf eine 5-Milliarden-Dollar-Strafe geeinigt. Die Zahlung hört sich hoch an, dürfte für Facebook aber eine positive Nachricht sein, denn im Gegenzug stellt die Behörde die Ermittlungen gegen Facebook ein. Nach Bekanntwerden des Deals stieg der Kurs der Facebook-Aktie an – das allein sollte Antwort genug auf die „Schäden“ für Facebook sein. Beschlossen wurde die Vereinbarung von der republikanischen Mehrheit innerhalb der Behörde und gegen die Stimmen der Demokraten. Das Justizministerium muss die Einigung noch absegnen. Eine Formalie.

Die Untersuchung der FTC startete im März 2018 als Reaktion auf den Datenskandal von Cambridge Analytica und deckte schnell weitere Bereiche auf. Facebook hatte die Social-Media-Daten seiner User an Smartphone-Hersteller und Webseiten-Betreiber weitergegeben, ohne die Nutzer vorab aufzuklären.

Aber was machen wir Werber nun daraus? Und was ist die Botschaft an unsere Kunden?

Es gibt daraus ein gutes und ein schlechtes Fazit zu ziehen. Zuerst die gute Nachricht: Das Werben mit Micro-Targeting ist eine Chance, um neue Kunden zu gewinnen und Fans bei Laune zu halten. Es gilt, wie im echten Leben, mit Qualität zu überzeugen. Warum sollte ein Gastronom, für den Hochzeiten ein gutes Geschäft sind und die er in einem tollen Rahmen für alle umsetzen kann, nicht genau den Menschen ein Angebot machen, die ihren Beziehungs-Status kürzlich auf „verlobt“ geändert haben? Warum sollte ein Kostüm-Verleih nicht die Karnevals-Hochburgen und Karnevalisten mit einer Anzeige ins Visier nehmen? Streuverluste werden minimiert, das Werben kostet den Kunden weniger und die User sind weniger genervt, weil die Werbung relevant ist. Eben.

Fest steht für mich: Die Daten müssen den Individuen selbst gehören.

#ownyourdata

Das ist nicht schlecht, sondern gut. Punkt. Und diese müssen entscheiden können, wer diese wie einsehen und nutzen darf. Ein Schritt dazu war die DSGVO.

Und nun kommt das Negative: Das bedeutet für jeden Einzelnen / Einzelunternehmer / Selbständigen und kleine und mittlere Unternehmen wird der Auftritt im Web und das digitale Handeln bürokratischer und undurchsichtiger. Dabei sind es ja genau die Betriebe, die in der Regel nichts Böses im Schilde führen und über das entsprechende Know-how gar nicht verfügen.

Eine Abmahn-Industrie mag sich die Hände reiben und die Selbständigen sich bereits mit einem Bein im Knast wähnen.

Währenddessen bezahlen Facebook und Co. ihre Strafgebühren und verweigern weiterhin die Herausgabe von Daten an die Eigentümer.

Aber ganz ehrlich: Wer würde (heute noch) an einem Facebook-Quizz teilnehmen, oder?

Aber wie sieht es mit den Umfragen aus, die via Facebook und Instagram erstellt werden können? Und was ist mit dem neuesten Trend-Tool Face-App? Aha. Seht Ihr? Vielleicht kommen durch diese Netflix-Dokumentation, die übrigens ebenfalls extrem manipulativen ist (und mir nicht zufällig früh angezeigt und ausgespielt wurde während mein privates Umfeld keine Ahnung hatte), ja doch mehr Menschen darüber ins Grübeln, wie sie mit ihren persönlichen Daten im Web verfahren.

So: This is your wake-up call…

Ihr habt Fragen / Kommentare / Anmerkungen? Dann lasst es mich wissen. Ich bin gespannt.

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